Im
Auditorium eines Klinikums | Land Brandenburg
KUNST training
| coaching | therapie SPIEL
Mit:
GS (Psychologin/ Psychoonkologin) & GG
(Kunsttherapeutin/ Klangkünstlerin)
&
Bühnenassistentin- Partizipation/ Kameraführung AS
(Körpertherapeutin/ Photographin)
„Auf
der Höhe des Gelächters wird das Universum in ein Kaleidoskop
neuer
Möglichkeiten geworfen.“
Jean Houston
Bild | "Irrungen & Wirrungen"
summary
Ausgangsfrage
war - Wie kann eine künstlerisch-therapeutische Einlage aussehen, in
der man die TeilnehmerInnen (TN) eines medizinischen Symposiums - am
Ende der Veranstaltung - noch einmal zum kreativen Mitgehen animieren
will (während sie den Vormittag über sitzend den Vorträgen lauschten)?
Unsere
Antwort: Mittels Sinnesaktivierung durch live-painting,
verführerischem Klangteppich und der Rezitation eines blau-schwebenden Gedichtes – ebenso
eines teilhabenden Momentes für die TeilnehmerInnen, ihre
Gedanken/ Wahrnehmungen während des künstlerischen Prozesses auf Papier festzuhalten - um am Ende
miteinander einen Titel für das entstandene Bild zu finden (Partizipation).
Zutaten
Hierbei
waren und sind die besonderen Zutaten ganz wesentlich:
Man
nehme...
Ensemble
eine
motivierte Kollegin (GS), die sich hat anstiften lassen, bei
künstlerischen Experimenten im beruflichen Rahmen aktiv mitzuwirken
Inspirierte
Auftraggeber, die ihrem Klientel mal etwas „Frischen Wind“
bieten wollen
Mutige
TeilnehmerInnen, die sich ebenso anstiften lassen, ihre Sinne
zu aktivieren
Bühne
eine
möglichst viele Sinne ansprechende Idee mit Bühnencharakter - jedoch eher im Sinne einer freieren und spontan entstehenden art –
Performance
Wahrnehmung
der fünf Sinne + Aktiv-Moment
visuell/
sehen: live-painting (GS), Bühnensetting, lebhaft-aktivierende
Moderation
auditiv/
hören: eigens gewebter Klangteppich (LA) & Gedicht-Rezitation
(GG), Mal-Geräusche
kinestätisch/
fühlen-spüren: die sinnliche Atmosphäre, die Mitschrift, das Mitwirken
gustatorisch/
schmecken: Geschmacksassoziationen, die durch das Setting durch die
Erinnerungen angeregt werden
olfaktorisch/
riechen: der besondere Geruch, der beim live-painting (Acryl-Farben/
Sprühfarbe etc.) entsteht, inneres Riechen (aufgrund von z.B. Erinnerung an Urlaub, Kindheit...)
partizipativ/
aktiv werden & teilhabend: Anregung der TN, ihre Gedanken wahrzunehmen und
aufzuschreiben
Der
besondere Prozess
Exposition
oder zur Vorgeschichte dieser
art-Performance
Ein engagierter Oberarzt sucht für die Eröffnungsveranstaltung des Neubaus
der vergrößerten Hämatologie/ Onkologie & Palliativstation ein
geeignetes Bühnenprogramm. Offenheit und Mut werden gezeigt – man
läßt sich gerne auch auf Neues und Ungewöhnliches ein. Eine gute Ausgangslage. Die Vorarbeit mit dem engagierten
Kollegenteam im Klinikum geschieht reibungslos.
Inszenierung/
Requisit & Dokumentation
Schnell
muss alles auf der Bühne aufgebaut werden. Dann huschen wir (meine
Kollegin & ich) auf die Bühne, nachdem wir vorher vor dem
Publikum angekündigt wurden. Motivierte AssistentInnen lassen ein
Blitzlichtgewitter von Kameras aufleuchten, eine Videokamera hält
die Szenerie fest – los geht’s...
Prolog
GS
leitete nun unsere art-Performance geschickt und charmant ein, und verwies auf unsere
Vorgängerveranstaltung für die Patientinnen des Brustzentrums (siehe Link/ oben), mit
dem Vermerk, bei uns gehe es nun darum, dass der Mensch/ Patient/
Mitarbeiter auch und gerade mal etwas für sich tun könne/
dürfe. Ich übernahm, und griff' GSs Wort Anstiften auf, um
das teilnehmende Moment anzukündigen. Die TN sind herzlich gern
aufgerufen, sich aktiv durch eigenes Assoziieren und Aufschreiben am
künstlerischen Prozess zu beteiligen. Alles, was in den Sinn kommt,
ist gut und sollte nicht zensiert werden. Worte für innere Prozesse kommen durch Übung immer leichter von den Lippen auf's Papier.
„Fürchte
nicht das Chaos, denn im Chaos wird das Neue geboren.“
C.G. Jung
Komödie oder/ und Drama
? - Für jede(n) wird es anders sein
– das gilt es wahr-zu-nehmen, je nach persönlicher Vorerfahrung
Wir
machten uns nun bereit – legten die Mikrophone weg, und fingen
still und ritualisch an, unsere Kittel anzuziehen, Farben auf die
Paletten aufzutragen und behutsam in unsere jeweiligen Positionen zu
gehen. GS an der Leinwand, ich am Notenständer. Ich gab dem
IT-Administrator ein Zeichen, dann startete der Aurische Klangteppich –
langsam erfolgte der Titel des Gedichtes...GS reagierte auf die
Klänge – erste Zeile und Pause – wieder Reaktion...(actio &
reactio im Wechsel) sie wählte intuitiv Farben und Formen – so
verlief es bis zum letzten Satz des Gedichtes „Ich schwebe über
lichte, ländergroße Blumenblätter“.
Der
Klang endete auf mein Zeichen hin abrupt (leider! Ich ging doch von mehr Feingefühl aus...), so dass wir alle schnell
wieder „wach“ wurden – noch ein lieber Dank an GS und vice
versa für Bild und Gedichtrezitation.
Ergebnisse,
Besonderheiten & Merkwürdiges
Deux
ex machina oder auch Die Wendung zum
Guten
Nun
ging es daran, für das Bild einen geeigneten Titel zu finden. Ich
versuchte, noch einmal die TN zu aktivieren – und tatsächlich kamen zahlreiche
mutige Meldungen – das Mikrophon wurde herumgereicht, und
unglaublich poetische Ideen und Assoziationen folgten. Spontan
gewannen wir für die Titelfindung eine wunderbare Assistentin dazu:
AS. Sie schrieb auf die kleine Tafel und repetierte vor Publikum, was
sie vernahm.
Assoziationen
und Gedanken der TN - Tafel-Mitschrift der Assistentin
mit
demokratischer Abstimmung ...
„Sag'
mir, wo die Blumen sind? -Loslassen/ aber was hält mich?“ |
10x Stimmen
Die TN erzählte, sie
hätte viel geschrieben, doch die beiden Sätze in Folge bildeten
ihre Quintessenz.
„Klirrender
Sternengarten“ | 9x Stimmen
„Das
Erwachen“ | 2x Stimmen
„Wunderbares
Ätherweben im sensiblen Chaos“ | 12x Stimmen
„Irrungen
& Wirrungen – das ist nichts für mich.“ | über 12x
Stimmen – The Winner!
Argument:
Klang war so leise, meine Stimme kaum zu hören und das entstandene
Bild schien viele Schleifen zu zeigen, die in diesem Moment für die
TN nicht adäquat kodierbar waren.
„Irrungen
& Wirrungen“ bekam also die meisten Stimmen.
Weitere Titel-Ideen - die mir im Nachhinein von TN zukommen ...
- "Chravelle - Die Santa Maria von Columbus", "Die Blase"
- "Fontäne im Sonnenuntergang"
- "frisches gefühlsrauschen"
„Verkaufe
deine Cleverness und kaufe Verwirrung“
Jala Du-Din Rumi
Ich
persönlich, so äußerte ich mich als Moderatorin, hätte Anderes
(“Ätherweben“, auch „Erwachen“ oder "Klirrender Sternengarten" etc.) gewählt. Die TN
äußerte dies (so vernahmen wir im Nachgespräch), dass sie den Klangteppich
nicht laut genug hören konnte, ebenso dann das Spiel der Farben und
Formen als beunruhigend erfuhr. Auf dieser Schiene gingen alle diejenigen
gruppendynamisch mit, die ihre persönlichen Herausforderungen mit
der Situation und dem Setting hatten; sei es aus Gründen des langen
Sitzens und/ oder auch, weil einem die dargebrachte Szenerie an
Eigenes erinnerte - bzw. weil man ein paar Minuten auf sich und die
eigene innere Welt geworfen schien. Das ganze Setting wirkt auf
unvorbereitete Menschen eventuell irritierend, und sie möchten sich aus
solch' einer Situation herauswinden - ebenso auch, weil sie verunsichert sind, was genau und schnell anzufangen ist, mit solchen Weite erzeugenden Poesie-Welten; mitunter kann ein solches Setting als persönliche Bedrohung der eigenen klaren Struktur/ Norm-Ablauf empfunden werden.
Kunst-Welten
Die
besondere Poesie-Welt, die in diesem künstlerischen Setting entsteht,
gleicht einem in blau getränkten Schwebezustand im Leben, in dem man
nur Halt empfindet, wenn man um ihn weiß und mit ihm einen Umgang
gelernt hat (vgl. Gedicht von Hilde Domin „Nur eine Rose als
Stütze“). Das Arp-Gedicht scheint einen von der Erde
wegzutragen, hin zu den fernen und hellen Sternen, umgeben von unzähligen sphärischen
Klängen. Der Aurische Klangteppich bewegt sich zwischen hellen
Stimmen, einem märchenhaften Glockenspiel und zarten Klaviertönen; wiederholt sich in Endlosschleife – ohne auf dem tragenden Boden
anzukommen.
Die Farben, die wir speziell für unser Bild ausgesucht haben,
bewegen sich in verschiedenen Blautönen (Ultramarin, Arktis etc.), einem Neonrot und einem Hautton (Sprühdose), einem
Cremeweiß und einem klaren Gold – abgestimmt auf das Gedicht Arps.
Dennoch
gab uns das Publikum noch genügend Raum, um unser Setting zu einem
guten Ende zu bringen. Mit dem Dank des Chefarztes wurde die
Veranstaltung dann beendet.
Ganz
zum Schluss übergab GS der TN, von der der Titel stammte, ein
Abklatschbild auf kleinerer Leinwand von unserem Bild „Irrungen &
Wirrungen - etc.“.
Nachwirkungen
und Merkwürdiges
„Um
ein kreatives Leben zu führen, müssen wir unsere Angst verlieren,
unrecht zu haben.“
Joseph Chilton Pearce
Nach
der Performance kam ein TN (Hausarzt aus der Umgebung, wie ich später
erfuhr) auf mich (GG) zu und ich dachte, er würde mir seine Ideen
zur Szenerie mitsamt Erfahrungswelt mitteilen. So war und bin ich es
zumindest schon gewohnt – was er mir benannte war, dass er sich
Gedanken um die Form meiner Füße machte, und mir dringend ans Herz
legte, mir abrollende Gesundheitsschuhe anzuschaffen. Ich fragte gezügelt und leicht keck, ob ich daran sterben könne, und er verneinte verlegen
lächelnd. Während des Gesprächs kam er mir auffallend physisch
näher (so auch der Eindruck meiner umstehenden KollegInnen), wie einst
ein älterer Patient auf meiner Palliativstation, mit dem ich über
einen längeren Zeitraum - Händchen haltend - über seine Vergangenheit
und unsere gemeinsame Gegenwart im Jetzt redete. Ein tendenziell rührender
Moment – mit nur einem seltsamen Thema – meinem rechten Fuß!
Nun, jeder hat wohl seinen eigenen Ansatz, mit sinnenanregender Performance
umzugehen...
TeilnehmerStimmen
& Assoziationswelten
„Lerne
zu sehen, und du wirst erkennen,
dass
die neuen Welten deiner Vision grenzenlos sind.“
Carlos Castaneda
Im
Nachhinein bekam ich folgende Assoziationen zum entstandenen Bild von
GS via Sms zugeschickt - ihre
Tochter meinte:
* „Auf dem Bild sehe ich
eine Fontäne im Sonnenuntergang.“
Wenig
später erhielt ich folgende Sms, mit Worten zum Bild ihres
Lebensgefährten:
* „1.
Chravelle – z.B. die Santa Maria von Kolumbus. Eine neue Welt
entdecken ohne zu wissen, wie die Konsequenzen sind. Neue Wege
gehen... 2. Die Blase – aus dem Chaos, dem Nichts, kommt immer
etwas Neues. Ob es gut ist, weiß man nicht. Die Blase ist hell, d.h.
Es könnte positiv sein. Vielleicht ist es auch nur eine Illusion.“ GS schreibt weiter: "...das sind die Interpretationen von P heute. Er meint, wenn er es morgen betrachten würde, gäbe es andere Assoziationen."
* Gerade fand' ich folgenden anonymen Kommentar vor: "Das Erlebnis dieser kreativen performance war ein außergewöhnliches,
bewegendes und erstaunliches zugleich. Ich stellte mir im Verlauf vor
wie ich mich von meinen Lieblingselementen [Horizont Himmelszelt Sonne
Strand und vor allem Meer] inspirieren lasse, wie wohl ich mich in
Verbindung hiermit fühle, die Sinne ausgerichtet auf Geräusche und
Farben, die diese Assoziationen hervorgerufen haben. Ich habe mir nun
einen Titel für meine Assoziation überlegt: *frisches gefühlsrauschen*
DANKE, liebe GG"
...
„Im
wiederholten Anblick steigert sich ein Kunstwerk.“
Walter Benjamin
Kunst
wirkt! In unserem Fall mit Bild & Gedicht & Klang
wirkt es gar freiheitsstiftend und Möglichkeiten eröffnend etc. Sie weiß einen jeden Tag
auf's Neue zu verzaubern, zu verblüffen, auch zu irritieren, weil sich unser Blick jeden Tag ein
bisschen anders gestaltet - durch unseren jeweiligen
Erfahrungshintergrund. Wenn wir es schaffen, uns jeden Tag immer
wieder neu auf etwas (sei es Kunst, Natur; Mensch etc.) einzulassen,
überhaupt uns ganzheitlich unserer Welt und Umgebung hinzugeben (spürend/ sinnlich), erfahren
wir immer wieder Neues und Unerwartetes. Mit der Kunst kann man das
gut üben! Ein schier unendliches und phantastisches Übungsfeld für
Weltsichten, Möglichkeiten und Perspektivenwechse!
Ich & auch Wir danken ALLEN TN & Beteiligten für ihren Mut und ihre Freude, sich auf neue Projekte einzulassen!
HerzGruß von Gunilla Göttlicher (GG)
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Impressionen
Setting von Bild "Irrungen & Wirrungen - das ist nichts für mich"
Thanks
web for fish-pic, special thanks for pics go to AS & LA & GS!