Palliative Care und Kunsttherapie | Verarbeitung mittels Kreativen Schreibens
Ich werde öfters gefragt, wie ich das denn aushalten würde, so nah dran zu sein am Existentiellen, an der Grenze, am Abgrund, Ende oder auch am Gipfel des Lebens, je nach dem, wie man es sehen will und kann. Ich sage dann, dass ich froh bin, die KUNST und die POESIE zu haben, als meine Verbündeten - sie geben mir die nötige Freiheit - den Horizont und wieder weiteren Blick - die Möglichkeit, mehr zu sehen, als das Alltägliche und Naheliegende ... auch zu beschreiben, was ich erlebe, es in eine andere, vielleicht weitere Dimension zu heben - diese Erfahrungen als Gipfelerfahrungen wertzuschätzen - als große Erfahrungen des Menschseins - zwischen mir und einem Anderen - Begegnungen, die mein Leben reich und fast üppig barock sein lassen. Beginnend mit Rose Ausländer und ihrem Gedicht "Gestirne" ein paar poetische Gedanken von mir und meiner Arbeit im Rahmen von Palliative Care und mit Patienten auf der Tuberkulose-Station, ebenso aus dem Beatmungszentrum.
Gestirne
Siehst du
den Wagen oben
Sternworte sprühen
Hier unten
gibt es Vernunft
und kleine Zeichen
Abgrund und Gipfel
Erinnerung an
Vergangenes und
an die Zukunft
und Künstler
unsere Erdgestirne
den Wagen oben
Sternworte sprühen
Hier unten
gibt es Vernunft
und kleine Zeichen
Abgrund und Gipfel
Erinnerung an
Vergangenes und
an die Zukunft
und Künstler
unsere Erdgestirne
(aus: R.A.: Deiner
Stimmer Schatten. Gedichte, kleine Prosa und Materialien
aus dem Nachlaß, 2007)
Mehr Gedicht von mir - gesprochen und als Album veröffentlich, in ständer Weiterentwicklung:
https://mondblume.bandcamp.com/album/von-unken-wei-en-schweinen-schweinem-nnern
Mehr Gedicht von mir - gesprochen und als Album veröffentlich, in ständer Weiterentwicklung:
https://mondblume.bandcamp.com/album/von-unken-wei-en-schweinen-schweinem-nnern
am Montag noch
ach Du Liebe
Du liebgewonnener Mensch
am Montag noch
habe ich Dir die
Geschichte von der Schildkröte vorgelesen
Am Montag noch haben
wir gemeinsam Deine Werke
Deinen Lieben gezeigt
Am Montag sahst Du Bilder
die nur für Dich existierten
eigentlich hattest Du keine Angst
sagtest Du
Dein Oevre, Deine ureigene Kreativität
zeigtest Du mir und uns.
Ich war und bin stolz auf Dich
mit welcher Freude
Du Deine Welten und Wesen
erschufst
Paula langsam
Henry die Maus
und viele viele andere
durften entstehen
So viel Freude - so viel kleines und großes Glück
ich danke Dir!
Leb' wohl, lieber Mensch!
Möge Dich Paula Schildkröte
bei Deinem Weg zu Deinem Stern
gut geleiten!
(zum 03.02.2016 | Für Angela!)
*
Das
LEBEN nochmal kosten
Gestern
saß ich lange neben
einem
alten Mann
er
erinnerte mich an
Charlie
Chaplin
ich
sollte von mir erzählen
was
ich denke, auch über ihn denke
ehrlich
– ich begriff noch nicht, worauf es
zielte
ich
erzählte
doch
ohne Antwort ist mir Erzählen schwer
ich
brauche ein Gegenüber
so
wie er
er
wollte eine Stimme hören, eine Frauenstimme
wie
die seiner Mutter -
könnte
ich doch frei Märchen erzählen
er
schien sich schon von dannen zu machen
war
verwirrt und ungehalten
über
vergossenen Kakao
und,
dass niemand über gefühlte Stunden
zu
ihm kam
ich
blieb dann Stunden
ich
sollte, ich muss bleiben, sagte er bestimmt
ich
blieb
er
fragte mich,
was
ich von ihm halte
ich
sprach vom
Eros
des Geistes
von
geistiger Verführung
zu
neuen Horizonten
ja,
dieses Gefühl des platonischen Verliebtseins
beschrieb
ich
auch
von Thanatos – seinem Gegenspieler
dem
Destrudo allen Lebens
und
immer wieder ein Geruch,
der
ihn fast anwidere – so süßlich blumig
ich
schnuppere an mir und ja, ich gebe zu
ich
habe morgens einen Geruch aufgelegt
ich
mag ihn, nehme ihn aber selbst nicht mehr wahr
oh
je, was man alles falsch machen kann
mit
sensitiven Menschen
beim
Übergang
oder
kommt der Duft gar von woanders her?
Wer
oder was duftet da nach Blumen?
was
ist mit mir?
wie
ist Sterben?
Ich
sagte ihm, dass ich wahrnehme,
er
hätte Angst vorm Sterben,
vor
dem Nichts,
dem
Nicht-Greifbaren -
er
hält sich tapfer am Galgen fest
er
ist so interessiert am Mensch-Sein
er
will nicht Loslassen
ist
wütend, weil es ungerecht ist
es
keinen Trost gibt
die
Philosophie des Mittelalters und der Renaissance
war
und ist sein Steckenpferd
er
wollte einen Sohn
ein
Gegenüber, mit dem er Philosophieren könne
unbedingt
er
ist so traurig, alle seine Freunde
sind
schon gegangen
sein
Sohn ist nicht da
er
ist so allein
mit
seinen vielen Gedanken
und
diesem Etwas, was er nicht kennt
greifen
und einordnen kann
ich
fragte, was ihn beruhige
früher
beruhigt habe
Märchen
– antwortete er, nach längerem Überlegen
ich
begann mit Frau Holle
er
unterbrach mich
ich
solle leiser lesen
dann
wollte er doch lieber
Hänsel
und Gretel
die
Nase blutete - immer wieder
er
konnte kein Blut sehen
der
Grund, warum er nicht Arzt werden konnte
und
ich irgendwie auch nicht – beides teile ich
er
fragte, ob ich mich wohl mit ihm fühle
nun
ja, sagte ich – der Kopf tue mir weh
und
Bluten ist auch nicht gerade mein Ding
zu
Rot auf die Dauer
ich
setzte zehn Mal mit Hänsel an
und
kam gerade mal zum Hexenhaus
das
Ende steht noch aus
dann
wollte er frech aus meiner Tasse trinken
nicht
aus irgendeiner, aus meiner
was
soll man da noch sagen
nein,
das ist meine Tasse, Schluss, Grenze! - sagte ich
er
wurde munter und wirkte leicht beleidigt
dann
fragte ich ihn, was er denn von mir halte
er
schwieg erst, war unleidlich, dann antwortete er
Geduld
- sähe er bei mir
und
vieles Gute zwischen den Zeilen
Auch
Böcklins Toteninsel beäugten wir
im
Geiste gemeinsam
wie
Charon, der Fährmann, den unlebendigen Gast
über
den Styx oder Acheron hinübersetzt
ein
aufregendes Bild
befanden
wir
zusammen
wurden wir lustvoller
herausfordernder
als
hätte ihn das fließende Blut noch mal erweckt
liebkosten
noch einmal das Leben
wie
gerne hätte ich ihm ein Märchen
vom
Guten Gehen erzählt – frei und glücklich
ins
Licht gehen
doch
eher das
pralle,
beziehungsvolle
und
auch verwirrende, herausfordernde
schrecklich-schöne
LEBEN
noch
mal SPÜREN
in
all seiner KURIOSITÄT
das
war es,
was
wir nochmal gemeinsam
kosteten
(Für
Hr. S. - am 10.03.2016)
*
Pullover ziehen Feld oder: KKK
ich sehe aus wie der Frosch
auf dem Bild
in Grün & so'n Ding um den Mund
nur das Quaak fehlt
weil der Hals wund ist
dennoch merke ich
ist mir wieder nach Unsinn
im Zimmer eine kleine feine Dame
aus Asien
ihre Freundin ist auch da
es ist leicht
es gibt so viel zu Lachen
ich schneide eine Kuh aus
& den Blick in den Kaffee
dann noch bunten Kuchen
ich frage, ob es auch Kühe
dort gibt, wo sie leben
ist eigentlich klar (kleines Lächeln)
die Freundin will aber von
besonderen Kühen, die Pflüge
auf Feldern ziehen, erzählen
"Pullover ziehen Feld"
"Pullover ziehen Feld"
ich werde nachdenklich
In Asien scheint alles anders zu sein
dann wird ins
Lexikon geguckt
& "Büffel" sind's
"Büffel ziehen Feld"
Ja, denke ich - genau!
Aber Pullover, die
Pflüge auf Feldern ziehen
halte ich auch für denkbar
Kaffee, Kuh - Kuchen
sage ich
wir müssen lachen
ist einfach zu komisch
Aus Nichts
ist nun so viel
Unsinn geboren
ganz leicht
und der Todesgeschmack
von Blut & Spucken
schmeckt nun nach
Kaffee, Kuchen & Kuh
& nach Pullover
natürlich
(Für Anh und Lan und Her (!)/ 21.01.2016)
"Pullover ziehen Feld"
ich werde nachdenklich
In Asien scheint alles anders zu sein
dann wird ins
Lexikon geguckt
& "Büffel" sind's
"Büffel ziehen Feld"
Ja, denke ich - genau!
Aber Pullover, die
Pflüge auf Feldern ziehen
halte ich auch für denkbar
Kaffee, Kuh - Kuchen
sage ich
wir müssen lachen
ist einfach zu komisch
Aus Nichts
ist nun so viel
Unsinn geboren
ganz leicht
und der Todesgeschmack
von Blut & Spucken
schmeckt nun nach
Kaffee, Kuchen & Kuh
& nach Pullover
natürlich
(Für Anh und Lan und Her (!)/ 21.01.2016)
Entstanden nach einem Besuch bei einer jungen Asiatin, die schon seit Wochen wegen Tuberkulose isoliert in ihrem Krankenhauszimmer lebt. Ich habe ihr, vermummt, Collage-Materialien mitgebracht, und mal heiter und flink vorgeführt, welch' spannendes Medium sie nun selbst bearbeiten kann.
*
Die zwei Mäuse
Am Morgen packe
ich ein Buch über Tiere ein
*Kopf hoch* heißt es
und der Mensch, dem ich es
zeigen will, wird sich freuen
Der Mensch hat Angst
vielleicht wacht er nicht mehr auf
nach der großen OP
dann wäre es quasi ein Segen
nur das Bein zu verlieren
vielleicht wacht er nicht mehr auf
der Mensch
den ich über die Zeit so liebgewonnen habe
die Tiere machen uns lachend
jedes Tier mit jedem Satz
es beschreibt, wie wunderbar
doch das Leben selbst ist
wie einfach wie schön
ich habe Tränen in den Augen
wir beide spüren, wie warm es
uns ums Herz ist
wie nahe wir uns sind
wir beide Menschen wir
so nah und so unendlich sterblich
beide
und doch so warm
wie die zwei Mäuse, die genüsslich
an einem Keks knabbern
(21.01.2016/ für Renate)
*
Lackschuh und Bommelsocken
über die vier Jahre
hat sie sich so manche Feinde gemacht
sie kann so herzzerreißend
lamentieren. meckern, unzufrieden sein
doch - ich stehe ihr bei
sie droht bei zuviel Belastung
zu verbluten
wie ein Strahl
erzählt die Schwester mir
sie hustet Blut
und mir ist schlecht
gnadenlos schlecht
und doch bleibe ich
etwas in mir weiß warum
ich das tue
weshalb ich ihre Verbündete
beim heimlich-Rauchen bin
und sie mir dann doch
von ihren Kinderträumen erzählt
ihre Stimme war schön
sie liebte diesen Chor
sie wollte singen, feiern und gefeiert werden
und doch kam alles anders
das ließ sie verbittern
sie erinnert sich an die
Lieder und tanzt im Bett
erinnert sich an Lackschuh und Bommelsocken
die sie nicht mochte
genau, deswegen bin ich da
deswegen, Mensch!
(21.01.2016/ für Brigitte)
*
weißes Laken bunte Stiche
ich erinnere mich
an den weißen Stoff
an dem ich entlangglitt
Laken von Patienten
wer weiß, wer hier alles lag
schlief, lachte, litt oder blutete
gar verstarb
viele werden's gewesen sein
ich lasse mich los
und gleite an ihm entlang
setze bunte Stiche
irgendwohin
rein aus mir heraus
es tut so gut
nicht zu planen
nur zu tun
was man tun muss
(22.02.14)
Von einer großen Frau
sie ist wild
verrufen eine Histrione - Diva, Amazone
und Mutter
mütterlich zu jungen Frauen
ich glaube ihr - ich spüre das
sie zeigt mir blind gezeichnete
Engelsfrauen
mit Flügel - wehendem Kleid und Haar
ich wähle eine Schöne mit einem
größeren Stiefmuttergesicht dahinter
erzähle von Mutter, Neid und Traurigkeit
sie greift es auf
und erzählt mir alles
(Für Dorothea, 27.11.2014)
*
weißes Laken bunte Stiche
ich erinnere mich
an den weißen Stoff
an dem ich entlangglitt
Laken von Patienten
wer weiß, wer hier alles lag
schlief, lachte, litt oder blutete
gar verstarb
viele werden's gewesen sein
ich lasse mich los
und gleite an ihm entlang
setze bunte Stiche
irgendwohin
rein aus mir heraus
es tut so gut
nicht zu planen
nur zu tun
was man tun muss
(22.02.14)
Von einer großen Frau
sie ist wild
verrufen eine Histrione - Diva, Amazone
und Mutter
mütterlich zu jungen Frauen
ich glaube ihr - ich spüre das
sie zeigt mir blind gezeichnete
Engelsfrauen
mit Flügel - wehendem Kleid und Haar
ich wähle eine Schöne mit einem
größeren Stiefmuttergesicht dahinter
erzähle von Mutter, Neid und Traurigkeit
sie greift es auf
und erzählt mir alles
(Für Dorothea, 27.11.2014)
Dank dem www für das Sternenbild - ebenso mein ergebenster Dank an die Menschen, die ich ein Stück des Lebens begleiten darf. DANKE!